06. Oktober 1973: 50. Jahrestag Beginn Jom-Kippur-Krieg
Vor 50 Jahren, am 06. Oktober 1973, griffen Ägypten und Syrien am höchsten jüdischen Feiertag, dem Versöhnungstag, Israel an und begannen damit den Jom-Kippur-Krieg, auch vierter arabisch-israelischer Krieg oder auf arabischer Seite Ramadan-Krieg oder Oktoberkrieg genannt. Die Auswirkungen dieses Kriegs waren nicht nur unmittelbar im Nahen Osten zu spüren, sondern durch das antiwestliche Öl-Embargo der arabischen Staaten auch international.
Vorgeschichte und Ereignis
Die israelische und arabische Seite standen sich nicht zum ersten Mal kriegerisch gegenüber. Seit der Staatsgründung Israels hatte es drei weitere Kriege gegeben, den letzten, den Sechstagekrieg, erst 1967. Hier hatte Israel große Gebiete erobern können, wie etwa die strategisch wichtigen Golanhöhen, das Westjordanland, Ostjerusalem und den Sinai. Der Jom-Kippur-Krieg war somit nicht nur ein weiterer Akt in der fortgesetzten Nichtanerkennung von Israels Existenz, sondern mit dem Versuch, verlorenes Land zurückzugewinnen auch eine Frage nationaler Ehre der arabischen Staaten.
Der Sieg im Sechstagekrieg 1967 glich vielen in Israel einem Wunder, da der kleine Staat sich gegen die übermächtigen Gegner hatte behaupten können und mit Ostjerusalem und dem Westjordanland auch religiös bedeutende Stätten eingenommen hatte. Ein triumphales Gefühl, dass dieser der letzte Krieg gewesen sein würde, war weit verbreitet. Vielleicht aus diesem Grund nahmen Premierministerin Golda Meir und ihr Kabinett die Warnungen der Geheimdienste im Sommer 1973 vor einem möglichen erneuten arabischen Angriff nicht ernst. Dies führte dazu, dass Israel von den vorrückenden Truppen, syrische auf den Golanhöhen und ägyptische auf die Sinai-Halbinsel, überrascht und weitgehend unvorbereitet getroffen wurde. Da Truppen zunächst mobilisiert werden mussten, konnte Israel dem Vormarsch der arabischen Seite erst nach zwei Tagen nennenswert etwas entgegensetzen. Mit Unterstützung der USA konnten die Angriffe schließlich zurückgeschlagen und ein Waffenstillstand am 24. Oktober 1973 erzwungen werden. Die Sowjetunion hatte während des Kriegs vor allem Ägypten unterstützt.
Deutsch-deutsche Reaktionen
Die Bundesrepublik Deutschland, die sich im Dilemma zwischen der Unterstützung Israels und der Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu den arabischen Staaten befand, hielt sich zunächst zurück. Doch als die DDR offen Ägypten und Syrien unterstützte, entschied sich die Bundesrepublik, Israel mit Waffen zur Seite zu stehen, was zu einem Bruch in den Beziehungen mit den arabischen Staaten führte. Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), in der sich die arabischen Staaten mit großen Ölvorkommen zusammengeschlossen hatten, übte durch eine Drosselung der geförderten Ölmenge Druck auf den Westen aus, der Israel in diesem Krieg unterstützte. Am 17. Oktober 1973 betrug die Preissteigerung für ein Barrel Öl 70%. In der ganzen Bundesrepublik wurden Maßnahmen wie autofreie Sonntage eingeführt, um Energie zu sparen. Dies hatte erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen und die Wirtschaft.
Rezeption
In Israel hat der Jom-Kippur-Krieg tiefe Narben hinterlassen. Im Vergleich zum Sechstagekrieg waren vier Mal so viele Soldaten gefallen, in den ersten Kriegstagen war die Angst vor der Vernichtung des jüdischen Staates weit verbreitet gewesen.
Die Verluste waren auf beiden Seiten immens. Auf arabischer Seite gab es über 8.500 Tote zu verzeichnen. Mehr als 2.600 israelische Soldaten fielen, 7.500 wurden verwundet und 300 gerieten in Gefangenschaft. Andere Zahlen gehen von2.700 gefallenen Israelisund Verlusten von 20.000 Syrern und Ägyptern aus.
Der Druck auf die politisch links stehende Premierministerin Golda Meir wuchs, da die Vorwürfe, sie sei aufgrund von Nachlässigkeit und nicht ernstgenommener Warnungen für den als Beinahe-Katastrophe empfundenen Kriegsverlauf verantwortlich, immer lauter wurden. Im April 1974 trat sie schließlich zurück.
In Ägypten und Syrien wird der Krieg, der zwar militärisch verloren wurde, als Erfolg verbucht, da es gelungen war, dem Ruf Israels als unbesiegbaren Gegner schweren Schaden zuzufügen und damit die eigene nationale Identität zu festigen. Die Wiedererlangung der Hoheit über den Suezkanal war für Ägypten ein wirtschaftlich wichtiger Erfolg. Manche Stimmen sagen, dass aus dieser Position wiedergewonnener Stärke heraus es dem ägyptischen Präsident Anwar as-Sadat möglich war, die Hand zum Frieden zu reichen. Nur vier Jahre später reiste er nach Israel, um mit Golda Meirs Nachfolger, dem politisch rechts stehenden Menachem Begin Verhandlungen über einen Friedensvertrag zu beginnen.