18. September 1973: 50. Jahrestag der Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik in die UNO
Jahrzehntelang stand die Teilung Deutschlands der Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in die Vereinten Nationen im Weg. Als sich das Verhältnis beider Staaten im Zuge der Ostpolitik Willy Brandts (SPD) entspannte und ein Dialog einsetzte, wurde 1972 der deutsch-deutsche Grundlagenvertrag geschlossen. Mit ihm verständigten sich beide Staaten auf „normale, gutnachbarliche Beziehungen“. Damit wurde zugleich die Grundlage für ihren Beitritt zu den Vereinten Nationen geschaffen. Seit dem 3. Oktober 1990 ist das vereinte Deutschland mehrmals als nicht-ständiges Sicherheitsratsmitglied mit einem Sitz vertreten gewesen. Für 2027/2028 kandidiert Deutschland wieder für einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat.
Vorgeschichte: zwei deutsche Staaten
Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 und der Deutschen Demokratischen Republik am 7. Oktober 1949 waren zwei deutsche Staaten entstanden, die sich beide als der eigentliche deutsche Kernstaat verstanden. Beide deutsche Staaten hielten im Grundgesetz der Bundesrepublik wie in der ersten Verfassung der DDR am Wiedervereinigungsgrundsatz fest. Die Bundesrepublik Deutschland definierte ihren Alleinvertretungsanspruch für Gesamtdeutschland in der sogenannten Hallstein-Doktrin von 1955. Danach drohte allen Staaten, die die DDR anerkannten, der Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Der Warschauer Pakt untersagte 1967 mit der Ulbricht-Doktrin ihren Mitgliedern normalisierte Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland, solange diese nicht die bestehenden Grenzen und die Existenz zweier deutscher Staaten anerkannte.
Die Aufnahme in die UNO kam einer internationalen Anerkennung gleich. Entsprechende Bestrebungen der DDR waren angesichts des Vetorechts der Verbündeten Westdeutschlands – USA, Großbritannien und Frankreich –, bis Ende der 1960er-Jahre aussichtslos. Auf der anderen Seite blockierte die Sowjetunion die Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die Vereinten Nationen.
Aus der Perspektive der Vereinten Nationen war eine Aufnahme beider Staaten undenkbar: Beide waren nach Artikel 53 der UN-Charta ein „Feindstaat“. Als solcher galt, wer während des Zweiten Weltkriegs Feind eines Unterzeichners der Charta war.
Die Bundesrepublik Deutschland wird Mitglied vieler UN-Sonderorganisationen
Gestützt auf das Petersberger Abkommen von 1949 zwischen der Bundesregierung und der Alliierten Hohen Kommission trat die Bundesrepublik Deutschland allen UN-Sonderorganisationen bei, die nicht der UN-Mitgliedschaft bedurften, und für die die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats kein Vetorecht besaßen. 1950 trat sie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) bei sowie 1951 der UNESCO und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), in deren Exekutivrat sie bereits 1960 gewählt wurde. 1952 entsandte sie bereits einen ständigen Beobachter zum UN-Hauptsitz in New York; die DDR folgte erst 1972.
Grundlagenvertrag und Aufnahme in die UNO
Die neue Ostpolitik unter dem sozialdemokratischen Bundeskanzler Willy Brandt löste die festgefahrenen Positionen des Kalten Kriegs der Nichtanerkennung und des Nichtdialogs. Nach dem Moskauer Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion im August 1972, in dem sich beide Staaten zum Gewaltverzicht und zu einer Friedenspolitik verpflichteten, unterzeichneten die beiden deutschen Staaten 1971 das Transitabkommen, im Mai 1972 den Verkehrsvertrag und im Dezember 1972 den Grundlagenvertrag. Letzterer trat 1973 in Kraft; in ihm bekannten sich beide Länder u.a. zur friedlichen Koexistenz und den Grundsätzen der Vereinten Nationen. Der gleichzeitige Beitritt beider deutscher Staaten als vollwertige und gleichberechtigte Mitglieder am 18. September 1973 wurde dadurch möglich.
Bonn und Ost-Berlin wirkten in den diversen Aufgabenbereichen der UNO mit. Die Bundesrepublik Deutschland gehörte in den Jahren 1977 und 1978 sowie 1987 und 1988 zu den zehn nichtständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats. Die DDR gehörte dem Gremium zwischen 1980 und 1981 an.
Nach der deutschen Einheit 1990
Mit der Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 schied die DDR aus der UNO aus; die Bundesrepublik Deutschland war seitdem immer wieder mit einem Sitz als nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat vertreten. 1992 nahmen deutsche Soldaten erstmals an einem Blauhelmeinsatz in Kambodscha teil.
Deutschland, das seit mehreren Jahren viertgrößter Beitragszahler für den ordentlichen UN-Haushalt (2023: 196,6 Mio. US-Dollar) ist, strebt gemeinsam mit Brasilien, Indien und Japan eine Reform des Sicherheitsratsrats sowie eine Mitgliedschaft als dessen ständiges Mitglied an.