S. E. Friis Arne Petersen, Botschafter von Dänemark in Deutschland zu Gast in der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung
Wiesbaden, 7. März 2019 – Auf Einladung der Europa-Union Deutschland sprach S. E. Friis Arne Petersen, Botschafter von Dänemark in Deutschland, über sein Land, das Königreich Dänemark, die Beziehungen zu Deutschland und seine Rolle in der Europäischen Union. Begrüßt wurde der Botschafter und die Gäste zunächst von Dr. Alexander Jehn, dem Direktor der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung sowie anschließend von Peter H. Niederelz vom Vorstand der Europa-Union Deutschland.
In seinem knapp einstündigen Vortrag ging der dänische Botschafter auf die engen Beziehungen zu Deutschland ein, auch im geschichtlichen Kontext. Deutschland war und sei für Dänemark der große und einzige wirkliche Nachbar, mit dem es in den vergangenen Jahrhunderten allerdings auch immer wieder Konflikte und Grenzverschiebungen gegeben habe. Erst seit dem Ende des Ersten Weltkriegs habe sich die Grenze zu Deutschland nicht mehr verändert und sei stabil geblieben. Durch die Kopenhagen-Bonn-Erklärungen von 1955, „ein Meisterstück der Diplomatie“ wie S.E. betonte, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Basis gelegt für ein Miteinander im Rahmen der europäischen Gemeinschaft. Die Minderheiten auf beiden Seiten (Dänen in Schleswig-Holstein, Deutsche in Dänemark) hätten noch bis in die 70er Jahre mit Widrigkeiten zu kämpfen. Doch in der Zeit danach habe sich alles deutlich verbessert und heute gäbe es hier keine Probleme mehr, wie der Botschafter weiter ausführte.
Die engen Beziehungen zu Deutschland würden sich auch in den verwandtschaftlichen Beziehungen des dänischen Königshauses mit Adelsfamilien aus Glücksburg, Oldenburg oder Pommern zeigen.
Wie eng und selbstverständlich die Beziehungen auf politischer Ebene mittlerweile seien, dokumentiere der Besuch des dänischen Außenministers Anders Samuelsen in Berlin am Tag zuvor (6. März), bei dem dieser sich mit dem deutschen Außenminister, Heiko Maas, und der Bundeskanzlerin in Anwesenheit des dänischen Botschafters getroffen habe.
2020 würden Dänemark und Deutschland ein kulturelles Freundschaftsjahr feiern. Dieses Freundschaftsjahr sei Höhepunkt und Ziel zugleich der 2016 vom dänischen Parlament einstimmig verabschiedeten dänischen Kulturstrategie für Deutschland. Diese impliziere u.a. den Ausbau von Kooperationen zwischen dänischen und deutschen Kultureinrichtungen und Künstlern sowie eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dänischen und deutschen Museen.
Auf der wirtschaftlichen Ebene gäbe es ebenfalls viele Anknüpfungspunkte. Deutschland sei für Dänemark der wichtigste Wirtschaftspartner. Besonders intensive Wirtschaftsbeziehungen gäbe es mit Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen. Der wirtschaftliche Austausch mit den Südländern wie Baden-Württemberg und Bayern sei dagegen noch ausbaufähig. Ein großes Projekt, das die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder insgesamt noch weiter vertiefen werde, sei das Fehmarnbelt-Projekt, das 2028 abgeschlossen sein soll und somit eine neue direkte Verkehrsverbindung zwischen Dänemark und Deutschland schaffen werde.
Beim Thema „Europäische Union“ hob S. E. hervor, dass Dänemark sehr von der Europäischen Union profitiert habe – wirtschaftlich, politisch und kulturell. Das zeige z.B. die Zufriedenheit vieler Dänen mit der EU oder die Statistik mit den Gewinnern des Binnenmarktes, nämlich Dänemark vor Deutschland. Der Erfolg Dänemarks hänge zum einen damit zusammen, dass Dänemark eine offene, exportorientierte Wirtschaft habe und nicht staatlich gelenkt sei. Zum anderen auch damit, dass sich Dänemark in seiner Finanzpolitik immer sehr eng an den Vorgaben der Europäischen Zentralbank und der Deutschen Bank orientiert habe, ohne jedoch den Euro einzuführen. Gleichzeitig sei der Staat aber in den Bereichen Gesundheit, Ausbildung und Soziales sehr stark aktiv und sorge hier für ein weitreichendes Netzwerk für die ganze Bevölkerung.
Bei der Digitalisierung sei Dänemark ganz weit vorne wie auch die Niederlande, Schweden oder Finnland. Deutschland hinke hier hinterher und hole sich gerne mal Rat bei den Dänen.
Im Anschluss an den sehr abwechslungsreichen und anregenden Vortrag hatte das Publikum Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ein Fragekomplex drehte sich um die Migrations- und Flüchtlingspolitik. Hier bezog der dänische Botschafter eindeutig Stellung und kritisierte die „Wir schaffen das“-Politik der Bundeskanzlerin von 2015. In Dänemark gäbe es eine klare Gesetzgebung und Positionierung in dieser Frage. Auch dadurch hätte man das rechte Parteienspektrum im Land eindämmen können. Deutschland hätte hier Fehler gemacht und müsse nun als größte Macht in der EU Verantwortung und die Führung auch bei dieser Thematik übernehmen. Auf den EU-Gipfeln im März und Juli dieses Jahres wäre Gelegenheit dazu. Deutschland müsse anderen Ländern auch zuhören und nicht Alleingänge machen. Es ginge um ein Miteinander in der EU, um eine Aufspaltung zu verhindern.
Hinsichtlich des Brexit meinte S.E., dass sich Großbritannien damit selbst großen Schaden zuführen würde, denn das Land sei wirtschaftlich sehr stark mit der EU verflochten. Für die Wirtschaft hätte das schwerwiegende negative Folgen. Im Zuge dessen betonte er auch, dass eine protektionistische Politik nicht der richtige Weg sei.
Gegenüber China, Russland oder den USA müsse die EU selbstbewusster und klarer in seinen Positionen auftreten, mehr Stärke und Präsenz zeigen.
Die EU benötige vor diesem Hintergrund eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, eine stärkere Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Währungsunion und eine intensivere Verzahnung beim Thema „Innere Sicherheit“. Dabei müsse die EU schlanker, effektiver und weniger regulierend werden.
Das digitalisierte, bargeldlose Dänemark suche, so der dänische Botschafter resümierend, immer wieder die Herausforderung, noch besser zu werden und sich mit den Besten messen zu wollen. Wettbewerb sei „die“ Herausforderung und Triebkraft für die Dänen. Vielleicht trage auch dies mit dazu bei, dass die Dänen zu den glücklichsten Völkern der Erde zählen würden.
Mit großem Applaus wurde S.E. Friis Arne Petersen, der danach für weitere Fragen zur Verfügung stand, verabschiedet.